„Kill your Darling. Manchmal lohnt es sich, Dinge zu zerstören.“ Und das aus diesem Mund. Ingrid Brandstetter passt auf den ersten Blick so gar nicht zu der Aussage. Oder vielleicht gerade deswegen.
Ich hab die Malerin in ihrem Atelier in Schönberg besucht. Weil ich über eines ihrer Bilder gestolpert bin. Hängengeblieben. So ein Moment, wenn man ein Bild sieht und im Kopf sofort eine Geschichte entsteht.
Bei Ingrid Brandstetter sind das meistens sehr sinnliche Geschichten. Im Fokus oft schöne Frauen. „Männer verkaufen sich nicht“. Was sie aber nicht hindert, auch immer wieder welche zu malen. Die Frauen auf ihren Bildern – starke Charaktere. „Hübsch ist viel zu wenig“. Ihre Figuren müssen leben, Geschichten erzählen. „Ich arbeite oft sehr lange an einem Bild. Bis zu dem einen Moment, in dem ich in mein Atelier gehe – sie schaut mich an und erzählt mir etwas, die Frau auf dem Bild. Dann weiß ich, dass es fertig ist.“
Die Malerei begleitet Ingrid Brandstetter ihr Leben lang. Ausbildung an der Akademie. Meisterklasse für Malerei und Grafik. „Als ich jung war, habe ich vor allem alte Gesichter gemalt. Heute faszinieren mich junge Menschen. Weil in ihren Gesichtern so viel Hoffnung und Lebenslust schwingt. Ich sehe sie überhaupt sehr positiv, die Jugend von heute“. Schön, eine Aussage die man nicht so oft hört. Ein Optimismus, der von den Bildern strahlt.
Gerade arbeitet Ingrid Brandstetter an einer neuen Serie. Den „Zwischenwelten“. Menschen, die sich in Phasen des Umbruchs befinden. Vielleicht weil sie Emigranten sind, zwischen oder mit verschiedenen Kulturen leben. So wie die junge Frau in dem blauen Pulli. Just arrived.
Wie kommt’s zu den Gesichtern? Wer ist das auf den Bildern? „Ich suche mir nie einen konkreten Menschen aus, den ich male. Es sind mehr Details verschiedener Personen, die mich faszinieren, die ich aus irgendeinem Grund anziehend finde“. Erotik schwingt in ihren Arbeiten oft mit. „Ich peile sie nicht an, aber sie ist dann oft da“. Eine Art von Erotik, die nichts mit dem Zeigen zu tun hat. Eher mit dem Blick. Ganz viel mit der Person, die sie malt. Ingrid Brandstetter bannt sinnliche Momente auf Leinwand, in Form von außergewöhnlichen (Frauen-)Portraits. Würde sie das nicht tun, dann hätte sie sich statt dem Atelier vielleicht das Wirtshaus ausgesucht. „Meine Großmutter war Wirtin … ich glaube, ich wäre auch eine gute geworden. Aber das Leben hat es anders gewollt“.
Mehr über Ingrid Branstetter gibt es hier oder in der Galerie Kovacek & Zetter in 1010 Wien.
Bevor es retour geht, hier noch zwei schöne Schönberg-Tipps:
Der Kalvarienberg, auf den mittlerweile drei Kreuzwege führen. Zwei historische. Ingrid Brandstetter arbeitet mit daran, einen dritten zeitgenössischen weiterzuführen. Sandstein-Skulpturen aus der Barockzeit neben Beton von heute – bald mit einem Werk des Kremser Künstlers Günter Wolfsberger.
Und natürlich das Kulturzentrum Alte Schmiede. Gerade frisch aus der Winterpause! Vinothek inklusive.