Das war unsere Seligkeit.

Nach 65 Jahren sperrt die Rösterei Beyer jetzt wirklich zu. Eine melancholische letzte Runde.

Die Beyers sind gerade ein beliebtes Fotomotiv. Seitdem die Zeitung geschrieben hat, dass die Rösterei zusperrt, wird sie regelrecht gestürmt. „Eine bessere Werbung hätten wir gar nicht haben können. Man glaubt, in NÖ gibt’s sonst keinen Kaffee“, lacht Frau Beyer.

Da sitzen zwei Damen, die extra aus Wien angereist sind. Die Herren-Wandergruppe stärkt sich ein letztes Mal. Für andere ist die Meldung ganz neu: „Festtagsmischung ist aus. Wissen’S, wir gehen in Pension.“ Nicht gerne, hört man zwischen den Zeilen. Denn das, worauf andere lange zusteuern, war bei den Beyers nicht am Radar. Aufhören nie im Plan. Arbeit immer der Lebensmittelpunkt.

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Wir sitzen hinten im Büro-Kammerl, der Herr Beyer und ich. Vorne im Verkaufsraum wäre jetzt keine Ruhe, will doch ständig wer fotografieren. Oder reden. Und schließlich wollen die Worte ja gut gewählt sein, die als Resümee dienen sollen. Als Nachsatz auf 65 Jahre Kaffeerösterei Beyer. „Zufriedene Kunden, das war unsere Seligkeit. Wissen’S, es gibt ja so liebe Leut – und das Gegenteil auch“, bilanziert der Chef. Schöne Erinnerungen? „Viele Kunden sind immer wieder gekommen. Oft waren wir der erste Weg, noch bevor sie ins Quartier gefahren sind. Wenn ein Kunde glücklich ist, dann bin ich’s auch.“

Wofür in der Pension endlich mehr Zeit ist? Das kann sich Herr Beyer noch gar nicht vorstellen. Vielleicht schläft er dann länger. Bis jetzt läutete um 6 Uhr der Wecker. Wenn er nach Wien Kaffee liefern fuhr, schon um 2 Uhr. Frau Beyer beantwortet die Frage klar: „Dann hab ich endlich Zeit für mich“. Und das ist mit knapp 80 Jahren auch gut so. Da schwingt Erleichterung mit, weil viele Dinge jetzt schon schwer sind.

Drehen wir also eine letzte Runde in einem Geschäft, das es in der Art nie wieder geben wird. Wobei? Ein „Vielleicht sperr ich ja nochmal auf“ entwischt ihm noch, dem Herrn Beyer. Seine Frau hat’s nicht gehört. Gut für ihn.

Alles Gute, liebe Familie Beyer!

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Man röstet nur mit dem Herzen gut.

Bernd Salat macht seine Musik so wie seinen Kaffee – mit dem Bauch und mit Gefühl. Jeden Montag röstet er bei den Beyers in Stein seinen Salatkaffee.

Ich hab den 25-Jährigen im Cimbalino am Campus Krems getroffen. Auf keinen Kaffee. Eigentlich nur für ein schnelles Foto – das Interview hätten wir ja schon per E-Mail erledigt gehabt. Aber irgendwie hört man dem Bernd gern zu. Weil er so anders erzählt als viele. Viele Dinge anders sieht als die meisten. Weniger Angst hat als alle anderen.

Bernd Salat | www.lustaufkrems.com

Bernd Salat | www.lustaufkrems.com
Bernds Rohstoff Rohkaffee.

Mit 17 die Entscheidung die Schule Schule sein zu lassen. Um Musik zu machen. Das große Gefühl der Freiheit. Straßenmusik in der Kremser Landstraße.  „Ich bin da vor dem Spar gestanden, hab mit geschlossenen Augen einen Song von Leonhard Cohen gesungen. Plötzlich singt eine 70-jährige Dame mit mir – und schenkt mir 10 Euro und eine Wachauer Schnitte“. Irgendwie fast ein bissl zu romantisch, denkt man sich. Aber Bernd erzählt mit so einer Begeisterung, dass das schon wieder passt.

Erdige Meeresmusik. Sagt er über seine Songs. Heute hört man sie nicht mehr in der Landstraße, sondern seine Band „Beau“ auf Ö3. Ein Song aus seinem Soloprojekt hat es auf die FM4 Soundselection geschafft. Ein sehr schöner, wie ich finde:

Aber zurück zum Kaffee. Um den geht’s jetzt.

Eins, zwo, Interview!

Ich röste, also bin ich. Was ist das Schöne an dem Beruf?
Ums ganz einfach auszudrücken, ist es die Freiheit, das Meditative, das das Kaffeerösten für mich so spannend macht.

Was hat dein Kaffee mit Krems (mit der Gegend) zu tun?
Ich bin nur durch die Herzlichkeit der Familie Beyer zum Kaffeerösten gekommen. In ihrer von den Jahren gezeichneten Greisslerei zu stehen, den Blick auf die Donau gerichtet, und den leisen Tönen des ersten Cracks zu lauschen ist Idylle. Kaffeerösten passt einfach so gut in die Kremser Landschaft.

Das beste Kaffeehaus der Welt?
Ist für mich überall dort, wo ein stimmiges Gefühl einkehrt. Ich könnte stundenlang am Markt in Barcelona stehen und einen Espresso nach dem anderen schlürfen. Nicht weil der dort so gut oder so günstig ist, nein, weil die Athmosphäre einfach genial ist.

Zu einem guten Kaffee passt am besten …
Andre Heller und ein Stueck 85%ige Zartbitterschoko.

Dein Tipp für einen guten Kaffee zuhause …
Fuer alle Nicht-Freaks, die keine Siebträgermaschine zuhause haben: Frisch gerösteten Kaffee, frisch mahlen und dann entweder filtrieren oder mit der altbewährten Bialetti-Kanne zustellen. Das ist einfach, günstig und schmeckt.

Krems. Kaffeehauptstadt Europas. Klingt …
als hatte ichs letzte Nacht geträumt.

Bernd Salat | www.lustaufkrems.com

Bernds Kaffee könnt ihr im Kaffee Campus Krems oder in der Labstelle in Wien kaufen. Oder ihr bestellt ihn via crema@salatkaffee.com.

Mehr über Bernd und seine Musik gibt’s auf http://berndsalat.com

Wordrap, röstfrisch.

Die Kaffeeröster Doris Karl und Felix Teiretzbacher im Doppel-Interview.
 

Krems und der Kaffee – der Geschichte zweiter Teil. Letzte Woche ging’s um die Beyers aus Stein – Kaffeeröster seit unglaublichen 55 Jahren. Heute sind Doris und Felix dran. Beide genauso röstfrisch wie umtriebig. Die 2 haben für mich – abseits ihrer Liebe zum Kaffee – eines gemeinsam. Nämlich das „Wir machen das“-Gen. Das Ärmel-Hochkrempeln und Tun. Obwohl rundherum vielleicht viele Stimmen flüstern, dass das nicht geht. Oder nicht so. Oder bestimmt nicht so einfach.

Mit dieser Einstellung haben die zwei schon vieles bewegt in Krems. Doris das MOYOme mitgegründet. Felix das Cimbalino aufgemacht. Die Doris dem neuen Kaffee Campus Krems ihren Stempel aufgedrückt. Der Felix röstet seit Sommer in seiner neuen wunderbaren Rösterei neben einem noch wunderbareren (na servas) Wirtshaus in St. Pölten – dem Vincent Pauli.

 

Ich find das toll. Deshalb krempel ich auch meine Ärmel hoch und hau für euch in die Tasten. Weil’s im Leben ums Tun geht. Und weil dieses Tun Krems gut tut.

Ich hab Felix und Doris zum Doppel-Interview über Krems & Kaffee gebeten. Hier kommen sie, die brühheißen Fakten im koffeinhaltigen Word Rap!

Drei Eigenschaften, die ein guter Kaffee haben muss.

Doris: voller Körper, feine Säure, süße Frucht.
Felix: Süße, Frucht und Körper.

„Ich röste, also bin ich.“ Was ist das Schöne an dem Beruf?
Doris: der unendlich vielfältige, kreative Schaffensprozess – jede Ernte ist eine neue Herausforderung UND: Kaffee=Leidenschaft & so sind auch die Menschen rund um das Produkt von Leidenschaft getriebene – das daugt ma.
Felix: Ich veredle ein eigentlich ungenießbares Rohprodukt in eins der beliebtesten Genussmittel der Welt. Ist doch super, oder?

Was hat dein Kaffee mit Krems zu tun?
Doris: Hier hab ich Kaffee lieben gelernt, hier steht mein Röster, so heißen meine Kaffees.
Felix: In Krems bzw. in Stein eröffnete ich meine Kaffeebar, das Cimbalino, und beschloss auch zugleich irgendwann mal selbst zu rösten. 3 Jahre später erfüllte ich mir das auch …

Wie trinkt du deinen ersten Kaffee in der Früh am liebsten? Und wie/wann den letzten?
Doris: In der Früh: Handaufgegossener Filter aus der Hario V60. Espresso / wie? letzten?
Felix: Egal wann – Hauptsache in Ruhe.

Das beste Kaffeehaus der Welt …
Doris: existiert in meiner Vorstellung (da aber schon ziemlich konkret), entdeckt noch nicht
Felix: Ist immer genau das, wo ich gerade drinnen sitz‘ oder steh‘ und mich wohlfühle und der Kaffee schmeckt.

Zu einem guten Kaffee passt am besten …
Doris: ein besonderer Mensch, Zeit & gute Musik
Felix: noch ein guter Kaffee

Dein Tipp für einen guten Kaffee zuhause …
Doris: Filter handaufgegossen

Felix: Lieber ein bißchen mehr Aufwand (heißt nicht mehr Geld) und man kann sich großartige Tassen zaubern. Am besten Kaffees von Röstereien aus der Umgebung und die Vielfalt genießen.

Krems. Kaffeehauptstadt Europas. Klingt …
Doris: überextrahiert 😉
Felix: affenstark 🙂

Danke, liebe Kaffeemenschen. Ich schließe mit ein paar Eindrücken vom neuen Kaffee Campus Krems – und mit dem Ausblick auf den dritten Teil der Kaffee-Geschichte. Es gibt nämlich noch einen interessanten Röster in Krems, einen äußerst musikalischen. Aber den stell ich euch das nächste Mal vor. Bleibt dran & bis bald!

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