Ich war zu Besuch in der Domäne Wachau – und das Ende September, mitten in der Lesezeit. Also, Leute: Lest diese Zeilen mit Respekt. Denn die handelnden Personen haben eine turbulente Zeit hinter sich. Ein paar Millionen Kilo Traubenmaterial wollten schließlich verarbeitet werden.

Geschlafen werden sie also wenig haben – auf die Laune hat sich das bei meinem Besuch nicht niedergeschlagen. Weingutsleiter Roman Horvath und Kellermeister Heinz Frischengruber haben sich Zeit genommen für einen ausgedehnten Spaziergang in und unter dem Weingut. Und für einen Blick ins Kellerschlössel. Und für eine Runde in der Schnapsbrennerei. Und für eine kleine Verkostung. Aber alles der Reihe nach.
Die Domäne ist kein Geheimtipp. Sondern mit ihren 250 Vertragswinzern einer der Big Player der Gegend. Was mich aber erstaunt hat, ist, dass es in so einem Großbetrieb so familiär zugeht. Dass man sich sofort willkommen fühlt. Und dass die Domäne so ein paar Ecken und Geschichten auf Lager hat, die man – selbst als Ortsansässige – nicht gleich weiß.
Wäre mal G’schichtl Nummer Eins. Der Propst und sein Lustschloss.
Hieronymus Übelbacher war ein wichtiger Mann für die Gegend. Als Propst des Stiftes Dürnstein hat er sich nicht nur der Theologie, sondern auch dem Wein verschrieben. Um den in angemessenem Ambiente zu verkosten, hat er Jakob Prandtauer beauftragt, ihm ein „Lustschlössel“ zu bauen. Heute nützt es die Domäne als Veranstaltungsraum. Und ja, ein kleiner Rundgang legt den Schluss nahe, dass der Probst kein Kind von Traurigkeit war. Auch heute lässt sich’s im „Barocken Weinschlössel“ feudal feiern – von der Hochzeit bis zur Firmenfeier. Mit Grillplatz im Freien. Und ja, der Wein wär auch schon im Keller …
Kommen wir zu G’schichtl Nummer Zwei – der Kanzler im Keller. Eine Geschichte, die mit uns allen zu tun hat. Unter dem Schlössel liegt nämlich der Weinkeller der Domäne – und für diesen besaß auch ein gewisser Leopold Figl einen Schlüssel. Einen Schlössel-Schlüssel sozusagen. In besagten Weinkeller führte er auch jene russische Diplomaten, mit denen er den österreichischen Staatsvertrag verhandelte. Deshalb der Kanzler im Keller. Und der Staatsvertrags-Wein „Dürnsteiner Katzensprung“ am Foto.
Und weil das mit Drei immer aller guten Dinge sind, serviere ich euch zum Schluss noch die Geschichte vom Schnaps. Das wissen nämlich die wenigsten. Dass die Domäne Wachau einen sehr großen Bestand an hochwertigen alten Weinbränden hat. OK, Weinbrand zurzeit nicht so sexy. Aber vielleicht wird’s Zeit für eine Imagekorrektur. „Die Brände können locker mit einem guten Cognac mithalten“, erzählt Roman Horvath. Plus kann man die Brennerei der Domäne auch für Veranstatungen mieten. Das nächste Seminar also vielleicht mit einem Hauch von Hochprozentig? Why not.
Bleibt ganz zum Schluss noch: Ja, natürlich. Wein verkostet hamma auch! Die Klassiker von der Steinfeder bis zum Smaragd und wieder zurück. Veltliner. Riesling. Daneben auch einen interessanten Traminer, abgerundet mit einem Wachauer Laberl. Was will frau mehr? Das ist ein Ort für Wein-Liebhaber. „Für gute Menschen“, wie Roman Horvath sagen würde. Denn das ist für ihn das Schöne an seinem Beruf. Dass Menschen, die mit Wein zu tun haben, meistens „gute“ Menschen sind. Weil sie’s verstehen zu genießen. Weil sie eine gewisse Gemütlichkeit schätzen. Schön, ich seh‘ das auch so. Prost!
Domäne Wachau, A-3601 Dürnstein 107
Öffnungszeiten der Vinothek:
April bis Oktober: Mo-Sa: 10 bis 17 Uhr
November bis März: Mo-Fr: 10 bis 17 Uhr
(an Feiertagen geschlossen)