Das Lokal von Maria Harm in Krustetten.
„Es ist alles ein bissl wilder.“ Maria Harm spricht diesen Satz mit großer Gelassenheit aus. Sie hat Platz genommen auf der gemütlichen Holzbank in ihrem Gasthaus, das sie „Gartl am Tisch“ getauft hat. Normalerweise sitzt sie nicht auf diesem Platz. Sondern ist in der Küche und macht Pesto, bäckt Flammkuchen oder mischt feine Salatkompositionen ab. „Mir ist es wichtiger, dass das Pesto am Punkt ist. Da kann‘s schon sein, dass nicht immer alle Fenster perfekt geputzt sind“, lacht die Wirtin. Das Wilde, das bezieht sich in ihrem Wirtshaus nicht nur auf die bunte Mischung an Möbelstücken im Gastraum, sondern auch auf den Küchenstil. „Ich koch‘ aus dem Bauch – und aus meinem Gartl – heraus.“ Je nachdem, was in ihrem wilden Gemüsebeet gerade reif ist, wird die Speisekarte zusammengestellt. Es kann schon sein, dass Samstag Früh das Menü für Samstag Mittag noch nicht steht. Spontan eben. Genauso wie ihr Mann Andreas seine Weine vergärt. Aber dazu später.
Kohlrabi mit Aussicht
Besonders toll ist, dass man als Gast denselben Blick wie Maria Harms Gemüse hat. Das Gasthaus samt Beet liegen nämlich in Krustetten. Da bekommt man die volle Weite des Kremstals serviert: Stift Göttweig strahlt vom nächsten Hügel herunter, da glitzert die Donau in der Ferne und man spürt die Stadt von der Weite. Die tolle Aussicht ist nur einer von vielen Gründen, bei Maria Harm einzukehren. Wild geht es auch am Teller zu. Hier zaubert die Chefin Gerichte auf den Tisch, die in ihrer Buntheit und Dichte kaum zu übertreffen sind. Vieles davon schmeckt nach Marias Kindheit – also vielleicht auch ein bisschen nach unserer eigenen. Sie schmeckt nach kräftiger Paradeissauce mit einem Schuss Sauerrahm. Und der muss hochwertig sein! Sie schmeckt im Sommer nach frischen Fisolen, die ihre Oma damals schon mit Zitronenschale so spannend gewürzt hat. „Die Leidenschaft für den Garten und fürs Kochen habe ich von meinen Großeltern. Der Opa hatte früher eine Gärtnerei, in der auch viel Gemüse angebaut wurde. Die Oma hat das dann alles verkocht, schon damals auf sehr moderne Weise“, erzählt Maria Harm.
Was es genau ist? Lassen wir es offen.
Bevor Maria Harm und ihr Mann Andreas das Wirtshaus aufgesperrt haben, war sie Französisch-Lehrerin. So ganz hat der Beruf aber nicht zu ihr gepasst. Das Frankophile ist geblieben. Deshalb finden sich auf der Speisekarte auch viele Gerichte mit französischem Einschlag. Die Tarte flambée ist ein Fixstarter, gerne verwendet Maria auch viel Käse. „Aber nicht so konservativ, wie das in Österreich oft gemacht wird.“ Der Schlenker von der Französisch-Lehrerin zur Wirtin kam nicht von Ungefähr. Rund zehn Jahre hat Maria Harm immer wieder beim Bio-Heurigen ihres Schwagers David Harm mitgearbeitet. Irgendwann haben ihr Mann Andreas und sie dann die Entscheidung getroffen: Wir kaufen das Gasthaus im Ort und machen etwas Neues daraus. Was genau? „Es ist ein Ort zum Verweilen mit gutem Wein und gutem Essen. Was es ganz genau ist? Lassen wir‘s offen. Wir wollen uns nicht auf einen Begriff festlegen. Wir sind kein klassisches Wirtshaus, auch kein Café. Und das passt auch so. Besonders amüsant fand ich es übrigens als einmal eine betagte Dame anrief, um bei uns einen Tisch in der neuen Konditorei zu reservieren. Ich habe ihr dann erklärt, dass wir wahrscheinlich etwas anderes sind – sie ist trotzdem gekommen.“
Abwarten und Wein trinken
Essen bei Maria Harm ist Slow Food im besten Sinne. Es dauert einfach ein bissl bis die Gerichte fertig sind. Denn prinzipiell schupfen Maria und Andreas Harm das Lokal zu zweit. Sie in der Küche, er im Service. „Mir ist es lieber, dass die Leute ein bissl warten. Dadurch, dass unser Lokal sehr klein ist, kommen sie ins Gespräch. So treffen Menschen aufeinander, die sonst nicht zusammenkommen würden: die Alteing‘sessenen mit ganz Jungen, die Wiener mit den Kremsern.“ In jedem Fall verbindend wirkt der Wein. Und auch der ist außergewöhnlich. Andreas Harm hat sich jahrelang wissenschaftlich mit Wein beschäftigt, bevor er es vor ein paar Jahren genau wissen wollte. Da haben die Harms beschlossen, sich besondere Lagen im Kremstal zu suchen, um sie nach demeter-Kriterien zu bewirtschaften. Viele Stöcke aus den Lagen am Kremser Wachtberg oder im Alauntal sind mehr als 80 Jahre alt. Noch älter nur der Weinkeller in Stein, in dem sie spontan vergären und lagern dürfen. So entstehen sehr eigenständige Weine, die jedes Jahr anders sind. Darunter auch ein maischevergorener Wein, der mit dem Namen NICHT HARMLOS daherkommt.
Sehr gut. Sehr harm-onisch.
Gartl am Tisch. Maria und Andreas Harm
3508 Krustetten, Grundgasse 51, Tel: 0660 5083049
www.harmwein.at
geöffnet Donnerstag bis Sonntag ab 16 Uhr, Reservierung empfohlen!