So hast du Krems noch nie gesehen.

Vom Dach in die Gruft – Krems hat so viele Seiten, die man erst auf den zweiten Blick sieht. Entdecken wir was!

Psst. Jetzt geht’s um Plätze abseits der Piste. Orte, an denen ihr vielleicht Tag für Tag vorbeigeht, ohne sie zu sehen. Hinauf in luftige Höhen und runter in die Gruft. Fünf Orte, die jeder Kremser und jede Kremserin kennen sollte.

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 1. Der beeindruckendste Dachstuhl

UV-Strahlung und Wasser – diese beiden Faktoren setzen Holz besonders zu. Vor beiden ist der Dachstuhl der Piaristenkirche gut geschützt – seit mittlerweile zirka 500 (!) Jahren. Spannend: Der Dachstuhl ist komplett aus Holz – auch die Nägel und Verbindungen. Ein weiterer Grund für die Langlebigkeit.
Zu besonderen Anlässen kann man im Rahmen einer Dachbodenführung selbst auf den Dachstuhl klettern, wie z. B. bei der Langen Nacht der Kirchen.

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So schaut’s in der Piaristenkirche am Dach aus.
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Und das ist der Blick von unten.


2. Die dunkelste Entdeckung

Filzhut, Horn und Hellebarde – seid ihr dieser Gestalt schon einmal begegnet? Mit einer Nachtwächter-Führung entdeckt man Krems im Dunklen. Viel Geschichte in Form von guten Geschichten. Zum Beispiel über die „Hübschlerinnen“, die ihre Dienste in der Wachtertorgasse anboten. Oder über die Gruft in der Piaristenkirche, in die man im Zuge der Führung auch hinunterklettern kann. Hier kann man sogar Mumien entdecken! Vorher muss natürlich der Mesner dutzende Kerzen anzünden – Licht gibt’s hier keines. Dafür jede Menge Grusel-Stimmung. Infos und Anmeldung unter www.krems.info

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Die Gruft in der Piaristenkirche. Schön. Schaurig.

 

3. Der südlichste Kunstraum

Krems, die Kulturhochburg. Sie reicht weit über die Donau bis nach Hollenburg, wo das Schloss immer wieder zum Ausstellungsraum wird. Bis 17. September geht’s ums Fahrrad: Bicycles. Eine Ausstellung über das globale Glück Fahrrad zu fahren. Da kann man zum Beispiel Helmut Qualtingers Lenker bewundern oder ein Fahrrad von Elvis Presley. Übrigens: Das Schloss Hollenburg ist auch Sitz der Abothek von Philipp Geymüller. Ein spannendes Konzept! Auf www.abothek.at kann man monatliche Wein-Abos bestellen – und so immer wieder überrascht werden. Krems, ein guter Platz für (Wein-)Kultur! Mehr über die Ausstellung auf www.bicycles-exhibition.com 


4. Die älteste Klosterbibliothek

Wie so oft war es Zufall: Bei Umbauarbeiten in der Stadtbücherei am Körnermarkt wurde die älteste Klosterbücherei Österreichs entdeckt. Wandmalereien aus dem 13. Jahrhundert können heute im Eingangsbereich bewundert werden. Dort, wo Mönche früher ihre Schriften einsortierten, können heute rund 38.000 Bücher, DVDs und Zeitschriften entlehnt werden. In welcher Stadt gibt’s das schon? Ein Ort mit Entschleunigungs-Faktor. Und für Kinder gibt’s übrigens auch viel zu entdecken. Stadtbücherei & Mediathek Krems, Am Körnermarkt 14, 3500 Krems

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5. Der überraschendste Platz

Der Jüdische Friedhof hat nicht den charmantesten Standort zwischen Autobahn, Autohaus und Shoppincenter. Vielleicht ist man gerade deshalb so überrascht, wenn man das schwere Eisentor passiert und die morbide Schönheit des Ortes erkennt – und ein bissl Geschichte lernt. Es lohnt sich hinzuschauen, die Gräber und Inschriften zu entdecken, die sich die Natur schön langsam wieder zueigen macht. Ein Ort, der lange im Gedächtnis bleibt. Den Schlüssel für den Friedhof holt man sich gegenüber bei Auto Hänfling in der Wiener Straße 6. Während der Öffnungszeiten, versteht sich.

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Viel Spaß beim Entdecken!

Auch das ist Krems.

Lernen wir Geschichte. Mit dem Kremser Historiker Dr. Robert Streibel.

Der Platz vor der Kunsthalle heißt Franz-Zeller Platz. Wisst ihr eigentlich warum? Franz Zeller war ein Kremser Widerstandskämpfer und wurde 1942 von den Nazis ermordet.

Heute geht’s mal nicht um Kunst. Oder ein neues Lokal. Heute geht’s um Kremser Geschichte. Oder Geschichten, wie Robert Streibel sagen würde. Weil’s wichtig ist, sich auch einmal mit den nicht so lustigen Seiten von Krems auseinanderzusetzen. Um etwas zu lernen. Um sich nicht auszuruhen. Um etwas mitzunehmen. Auch deshalb bin ich nach Wien gefahren. Zu Robert Streibel. Der gebürtige Kremser ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten, wenn es um die Erinnerungskultur in Krems geht. Jetzt hat er ein neues Buch geschrieben, den Roman „April in Stein“.

„Jede Generation muss ihren Zugang zur Geschichte finden. Das heißt nicht, dass man den Leuten dauernd am Wecker geht. Aber es ist wichtig, sie immer wieder zu erinnern“, sagt Robert Streibel. In seinem neuen Buch geht es um das Massaker in der Strafanstalt Stein. Am 6. April 1945 wurden dort knapp 400 Häftlinge ermordet, um ihre Entlassung zu verhindern.

Eine Kremser Geschichte ist auch, dass einer dieser Insassen damals das Massaker überlebte. Schwer verletzt unter einem Berg von Leichen. Der Grieche Gerasimos Garnelis. „Er blieb nach dem Krieg in Krems, wurde sogar Präsident des FC Stein. Und damals war ein Grieche in der Stadt noch ziemlich exotisch“, erzählt Robert Streibel. Jetzt wird nach dem griechischen Widerstandskämpfer in Stein eine Gasse benannt.

Es sind Menschen und Geschichten wie diese, die Robert Streibel seit seiner Teenagerzeit interessieren. „1983 begann ich, Interviews mit Kremserinnen und Kremsern zu führen. Zuerst mit den Widerstandskämpfern, mit Kommunisten. Die waren am ehesten bereit, über die Vergangenheit zu sprechen. Das Faszinierende daran war immer, dass man kleine Romane gehört hat. Die Leute erzählen ja Geschichten, nicht die Geschichte.“

Dass Robert Streibel im Zuge seiner Recherchen nicht immer auf offene Arme traf, wundert irgendwie nicht. Aber es ist besser geworden, sagt er. „Die Stadt Krems übernimmt jetzt Verantwortung – und teilweise die Erinnerungsarbeit.“

Ich habe Robert Streibel nach jüdischen Spuren in Krems gefragt. So spontan sind mir nämlich keine eingefallen. Aber es gibt sie. Die „Judengasse“ beim Dreifaltigkeitsplatz. Die Tafel für die zerstörte Synagoge in der Dinstlstraße. Den jüdischen Friedhof in der Wiener Straße, der es übrigens auch ruhig einmal wert ist zu besuchen. Ein kleines Abenteuer fast. Den Schlüssel holt man sich nämlich gegenüber im Autohaus. Das verrostete Vorhängeschloss. Die verwilderten Gräber. Ein Ort, der irgendwie unwirklich ist – so zwischen Schnellstraße, Autohaus und Einkaufszentrum. Der in seiner ganzen Morbidität aber auch etwas Schönes hat. Ein Ort, der zu Krems gehört.

Noch viel mehr über Kremser Geschichte findet ihr auf der Seite von Robert Streibel.

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