Nach China kommt Krems.

Warum es Multimedia-Künstler Rainer Prohaska wieder zurück in seine Heimatstadt verschlagen hat.

Seine Antwort hat ein bisschen gedauert, „weil er im chinesischen Hinterland offline war“. Aber jetzt ist Rainer Prohaska wieder online. Und da. In Krems. Auch fürs donaufestival, wo er sein „Schiff“ ausstellt. Die MS Cargo, mit der er von Melk bis ans Schwarze Meer gefahren ist. Zwei Monate Reise, aus denen er einen Film gemacht hat – auch der ist am donaufestival zu sehen (BORING RIVER, Samstag, 2. Mai, Kino im Kesselhaus).

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Brachte Rainer Prohaska bis ans Schwarze Meer: die MS Cargo

Wie ist das, wenn man auf so einem Ding unterwegs ist? „Harte Arbeit ist das. Ein 10-14 Stunden Job.“ Nicht nur das Filmen. Aber so unterwegs zu sein, heißt: Wind und Wetter ausgesetzt sein. Sprit organisieren. Den nächsten Anlegeplatz suchen. Geräte aufladen – ganz ohne Steckdosen. Ja, auch Frühstück machen dauert. Die ganz banalen Dinge oft sehr mühsam. Kein Wunder, dass er nach dieser ausgebauten Schiffahrt dann „sehr sehr müde“ war.

Den Film über die Donaureise nannte Rainer Prohaska BORING RIVER. „Die Donau ist auf weiten Strecken wirklich langweilig. Das wollte ich zeigen. Denn gerade bei uns gibt es oft diesen übertrieben romantischen Blick auf die Natur- und Kulturlandschaft Donau. Und mit solchen Vorstellungen aufzuräumen, das mache ich gerne“.

Und wo sind dann die netten Stellen, hab ich den gebürtigen Kremser gefragt. Falls ihr mal beschließt, mit dem Tretboot loszufahren. „So 70 km vor Budapest bis Budapest zum Beispiel. Oder das Eiserne Tor in Serbien, das ist spektakulär.“

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Neue Blickwinkel auf ein Thema lenken, das macht Rainer Prohaska auch beim Essen. Ein Thema, das ihn schon lange begleitet, zu dem er immer wieder Koch-Performances entwickelt. Warum? „Ich hab schon mit 6 Jahren angefangen zu kochen – mit meiner Oma aus Böhmen. Seitdem koche ich einfach gerne. Und auf der Uni habe ich begonnen, den Kochhype auch philosophisch zu betrachten“. Jetzt gerade tourt seine Lunch Box durch China. Ein Behälter, der eine Küche enthält und ein Rezept für ein Gericht. Auspacken, aufbauen, einkaufen, kochen, essen, abbauen. Und dann zur nächsten Station. Alles andere als Fast Food.

Rainer Prohaskas nächste Station? Kann man wahrscheinlich nicht so genau sagen. „Ich wohne viel im Bus“. Eine Fixstation ist seit Kurzem wieder Krems. Hier hat er jetzt eine Wohnung samt Atelier. In Wien ist er auch oft. „Wien bietet schon eine enorm hohe Lebensqualität, aber mit Krems kann sie trotzdem nicht mithalten. Vieles geht hier einfacher und schneller“.

Die Gegend kennt er wie seine Westentasche. Wo man ihn da trifft? Zum Beispiel am Seekopf beim Wandern. Oder kletternderweise in der Achleiten-Wand. Schön zu sehen, dass Multimedia-Künstler auch so ganz geerdet sein können. Das sind Gegensätze, die’s spannend machen. Gegensätze, die in Krems zuhause sind.

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Auch das ist Krems.

Lernen wir Geschichte. Mit dem Kremser Historiker Dr. Robert Streibel.

Der Platz vor der Kunsthalle heißt Franz-Zeller Platz. Wisst ihr eigentlich warum? Franz Zeller war ein Kremser Widerstandskämpfer und wurde 1942 von den Nazis ermordet.

Heute geht’s mal nicht um Kunst. Oder ein neues Lokal. Heute geht’s um Kremser Geschichte. Oder Geschichten, wie Robert Streibel sagen würde. Weil’s wichtig ist, sich auch einmal mit den nicht so lustigen Seiten von Krems auseinanderzusetzen. Um etwas zu lernen. Um sich nicht auszuruhen. Um etwas mitzunehmen. Auch deshalb bin ich nach Wien gefahren. Zu Robert Streibel. Der gebürtige Kremser ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten, wenn es um die Erinnerungskultur in Krems geht. Jetzt hat er ein neues Buch geschrieben, den Roman „April in Stein“.

„Jede Generation muss ihren Zugang zur Geschichte finden. Das heißt nicht, dass man den Leuten dauernd am Wecker geht. Aber es ist wichtig, sie immer wieder zu erinnern“, sagt Robert Streibel. In seinem neuen Buch geht es um das Massaker in der Strafanstalt Stein. Am 6. April 1945 wurden dort knapp 400 Häftlinge ermordet, um ihre Entlassung zu verhindern.

Eine Kremser Geschichte ist auch, dass einer dieser Insassen damals das Massaker überlebte. Schwer verletzt unter einem Berg von Leichen. Der Grieche Gerasimos Garnelis. „Er blieb nach dem Krieg in Krems, wurde sogar Präsident des FC Stein. Und damals war ein Grieche in der Stadt noch ziemlich exotisch“, erzählt Robert Streibel. Jetzt wird nach dem griechischen Widerstandskämpfer in Stein eine Gasse benannt.

Es sind Menschen und Geschichten wie diese, die Robert Streibel seit seiner Teenagerzeit interessieren. „1983 begann ich, Interviews mit Kremserinnen und Kremsern zu führen. Zuerst mit den Widerstandskämpfern, mit Kommunisten. Die waren am ehesten bereit, über die Vergangenheit zu sprechen. Das Faszinierende daran war immer, dass man kleine Romane gehört hat. Die Leute erzählen ja Geschichten, nicht die Geschichte.“

Dass Robert Streibel im Zuge seiner Recherchen nicht immer auf offene Arme traf, wundert irgendwie nicht. Aber es ist besser geworden, sagt er. „Die Stadt Krems übernimmt jetzt Verantwortung – und teilweise die Erinnerungsarbeit.“

Ich habe Robert Streibel nach jüdischen Spuren in Krems gefragt. So spontan sind mir nämlich keine eingefallen. Aber es gibt sie. Die „Judengasse“ beim Dreifaltigkeitsplatz. Die Tafel für die zerstörte Synagoge in der Dinstlstraße. Den jüdischen Friedhof in der Wiener Straße, der es übrigens auch ruhig einmal wert ist zu besuchen. Ein kleines Abenteuer fast. Den Schlüssel holt man sich nämlich gegenüber im Autohaus. Das verrostete Vorhängeschloss. Die verwilderten Gräber. Ein Ort, der irgendwie unwirklich ist – so zwischen Schnellstraße, Autohaus und Einkaufszentrum. Der in seiner ganzen Morbidität aber auch etwas Schönes hat. Ein Ort, der zu Krems gehört.

Noch viel mehr über Kremser Geschichte findet ihr auf der Seite von Robert Streibel.

Spanier + Stein = Spannung!

Ein Foto-Rundgang im Atelier Daniel Domaika.

Eigentlich wollte ich nur einen Sprung im Atelier des Spaniers Daniel Domaika vorbeischauen. Für den neuen Kunst-Guide, der gerade entsteht. Aber kurz geht bei Daniel nicht. Weil er viel zu sagen hat. Viel zu zeigen hat. Und das Atelier ist gerade einer der spannendsten Orte der Stadt, find ich.

Deshalb zeig ich euch jetzt ein paar Fotos. Kommt mit! Und schaut in Daniels Atelier am Minoritenplatz in Stein vorbei. Das ist eine absolute Empfehlung.

Das ist eines seiner Lieblingsbilder, sagt Daniel. kann ich verstehen.
Das ist eines seiner Lieblingsbilder, sagt Daniel. Kann ich verstehen.
Im Atelier finden die unterschiedlichsten Dinge harmonisch zusammen. Und weil die Decke so niedrig, so gekrümmt und so alt ist, sind die Lampen einfach unten.
Ja, es gibt auch Blumen.
Ja, es gibt auch Blumen.
Ein echter Daniel Domaika. Gezeichnet in gefühlten zwei Sekunden. Vielen Dank!
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Stark, diese Köpfe.
Die Keramik-Hunde sind älter als Goofy. Und wackeln schon seit rund hundert Jahren ihre Runden.
Die Keramik-Hunde sind älter als Goofy – und wackeln schon seit rund hundert Jahren ihre Runden.
Die gelbe Banane kennt man ja. In Stein gibt es eine rote Chili-Banane.
Die gelbe Banane kennt man ja. In Stein gibt es eine rote Chili-Banane.
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Die Oma ist ganz wichtig für Daniel. Schließlich ist er bei ihr und seinem Großvater aufgewachsen. Er widmet sein Atelier „allen Großmüttern dieser Welt.“ Und hat seine ins Logo gepackt.
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Weinbar. Schank. Und gezeichnete Fliesen.
Viele besondere Ecken.
Viele besondere Ecken.
Ein echter Baske trägt Mütze. Daniel an seinem Platz im Atelier.
Ein echter Baske trägt Mütze. Daniel an seinem Platz im Atelier.

Schluss mit meinem Rundgang.
Es gibt noch so viele Ecken mehr zu entdecken.
Aber das macht ihr am besten selbst. Viel Spaß!

Noch mehr Tipps für euer Wochenende in Krems gibt’s hier.