Essen mit freier Partnerwahl

Eine Generation setzt auf Qualität: Cristina und Alexander Lintner vom Dorfgasthaus Walzer

Lasst euch von den Fotos nicht täuschen. Das Gasthaus Walzer in Gneixendorf ist normalerweise voll. Es brummt. Denn das, was Cristina und Alexander Lintner hier bieten, ist tolles Wirtshaus. Die einzige Chance, mit den zwei Gastronomen in Ruhe zu reden, ist deshalb der Montag. Ruhetag.

„Wir brauchen uns nicht wundern, dass Wirtshäuser sterben. Viele reißen ja nur mehr Packerl auf. Und wenn du überall die gleichen TK-Leberknödel bekommst, interessiert das niemanden“, sagt (Küchen-)Chef Alexander Lintner. Das, was er abzieht, ist genau das Gegenteil. Er setzt Supperl, Safterl & Co  selber an. Lässt sie stundenlang schmurgeln, bis die Essenzen so dicht sind, dass sie jeden Geschmacksverstärker auslachen.

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Vor dem Heiligen Urban sitzen normalerweise die „Kartler“. Für die Kamera ausnahmsweise Cristina und Alexander Lintner.

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Beweisen will er es allen, sagt Alexander Lintner. Dass ein gutes Wirtshaus hier funktionieren kann. Deshalb hat er die Haubengastronomie verlassen. Hat er ein paar Jahre gemacht, für Do & Co und als Küchenchef im Palais Kinsky und im Freiwild. Eine Haube erkocht. Auf dem Weg zur zweiten hat sich der Lengenfelder fürs Wirtshaus entschieden. „Alexanders Opa hat uns kurz vor seinem Tod darauf gebracht, dass wir das Gasthaus Walzer pachten könnten“, erzählt Cristina Lintner.

„Die Spitzengastronomie ist so verschwenderisch. Fürs Auge und für das beste Produkt geht man über Leichen. Da ist Wirtshaus ist ehrlicher.“

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Wie bei Oma.

Cristina fragt mich, ob ich einen Apfelstrudel will. Die Äpfel dafür kommen aus Stratzing. So wie vieles. „Unsere Lieferanten, das sind Bauern aus der Gegend. Zum Beispiel die mit den Erdäpfeln. Die zwei stehen am Kremser Markt. Dann packen sie zusammen und kommen zu uns essen, bevor sie nachhause fahren. Und das schon ewig“. Der Apfelstrudel ist sehr, sehr gut. Wie könnt’s auch anders sein. Die Äpfel mit genau der Portion Säure, die’s spannend macht – und die man im Supermarkt oft so vergebens sucht. „Aber geh, das ist doch nichts Besonderes. Der Strudel schmeckt so wie bei Oma“, lacht Cristina. Ja, wie bei Oma. Gibt’s ein schöneres Kompliment?

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Fokus Wild: freie Partner- und Futterwahl

Den Apfelstrudel gibt’s oft. Genauso wie Zwiebelrostbraten. Bauern-Cordon Bleu mit G’selchtem aus der Gegend. Besonders gern kocht Alexander Lintner Wild, die Connection zu den Jägern ist eng.

„Wild ist eines der besten Fleischsorten, die’s gibt. Die Tiere haben freie Partnerwahl. Freie Futterwahl. Was gibt’s Besseres?“

Da merkt man auch den Anspruch, den die zwei haben. Mit ihrem Gasthaus wollen die Lintners nämlich auch zeigen, dass es anders geht. Das fängt mit dem sehr bewussten Umgang mit Tieren und Lebensmitteln an. Das geht über die Einstellung, dass man nicht dauernd im Dirndl herumlaufen muss, um „regional“ zu sein. Das mündet in einer Einstellung als Gastgeber, die von Toleranz geprägt ist. So lange sich die Gäste respektieren, dürfen sie bleiben, so lange sie wollen.

„In der Gegend sind wir sicher das liberalste Wirtshaus.“

Sehr sympathisch. Danke, liebe Lintners!

Dorfgasthaus Walzer
Gneixendorfer Hauptstr. 28, 3500 Gneixendorf
T. 02732-48004 – Reservierung empfohlen!
info@gasthaus-walzer.at
Di: 9-15 Uhr
Mi, Do: 9-15 und 17.30 bis 23 Uhr
Fr, Sa: 9 bis 23 Uhr
So: 9 bis 18 Uhr

 

Oh, Backerl!

Die Wachauer Stube ist zurück aus dem Winterschlaf – und genauso ausgeschlafen wie davor.

Gut, latest shit ist sie nicht mehr. Die feinen Gaumen von nah und fern wissen schon länger Bescheid. Nämlich dass die Wachauer Stube eines der spannendsten Lokale im Kremser Genuss-Radius ist. Seit Mitte Februar ist endlich wieder offen. Ich war kurz vorher dort und hab mich ins dampfende Treiben gemischt. Denn das hat ja immer etwas Besonderes, wenn man in Wirtshäuser rein darf, wo eigentlich noch geschlossen draufsteht. Da kann man tief in Töpfe schauen, mit dem Wirt und der Küchenchefin in Ruhe plaudern und trinken – und natürlich vorab und exklusiv und sowieso neue Gerichte kosten.

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Ganz in Ruhe vor dem Sturm. Küchenchefin Katja Mäge und Wirt Gerald Diemt.

Darf ich vorstellen. Hier kommt das Blunzen-Carpaccio mit Schalotten-Vinaigrette, über deren ideale Konsistenz am Tisch noch diskutiert wurde. Gefolgt von Schweinsbackerl mit Selleriepüree, die gerade am Herd schmurgelten. Beides probiert. Beides sehr gut. Bei geschmorten Backerl bin ich ja wählerisch, weil eines meiner Lieblingsgerichte. Verdichteter Geschmack, au Backe. Mmmh! Soll ich jetzt wirklich „lecker“ schreiben? „Schnell was anbraten kann man rasch. Geschmortes braucht Zeit, und das können viele Köche auch gar nicht mehr. Aber es ist es wert. Da weiß man, was man hat“, sagt die Küchenchefin. Wo kann ich unterschreiben?

Verdichtet, so fühlt sich auch das ganze Wirtshaus an. Die Räume erzählen an vielen Ecken ihre Geschichten. Zum Beispiel, dass im Raum ganz hinten der ersten Fernseher im Ort stand. Oder dass im Haus früher auch eine Greisslerei war. Schön, dass zeitgemäßes Wirtshaus so viel Patina haben kann.

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Neben den neuen Gerichten gibts auch ein Wiedersehen mit Altbewährtem wie Paprikahendel und Beef Tatar. Letzteres das Spannendste, das ich in Sachen rohes Rind je gegessen habe.

Die Wachauer Stube ist nicht nur wegen dem Essen so eine gute Stube. Hier berät Wirt Gerald Diemt auch außergewöhnlich in Sachen Wein. Er ist nämlich ausgebildeter Sommelier – und das schon seit einer Zeit, wo noch nicht fast alle über Wein geredet/gepostet/geschrieben haben. „Mit 23 war ich fertig mit meiner Ausbildung. Da haben alle gesagt, du bist zu jung – da kannst du höchstens den Stationskellner machen“. Deshalb ging er nach England, weil das dort schon anders war – und kam zurück mit noch mehr Weinwissen. Gästen will er das Erlebnis bieten, sich mit Wein austoben zu können – nicht nur junge Jahrgänge zu trinken. „Wein ist wie der Mensch – er wird mit dem Alter gesetzter und bekömmlicher“. Da trifft es sich gut, dass das Weingut Tegernseerhof gleich gegenüber liegt. Auf der Weinkarte kann man sich aber nicht nur durch die Wachau, sondern fast ganz Europa trinken.

Das kann man zu den regulären Öffnungszeiten tun. Oder man schaut zu einer der vielen Veranstaltungen, bei denen Wein und Essen gekreuzt werden. Nächstes Ding: Club 2.16 im Rahmen des Wachau Gourmet Festivals. Am 11. April lädt hier Gerald Diemt gemeinsam mit dem Weingut Tegernseerhof zum vinophilen After Work Abend. Top Sommeliers von Steirereck, Le Loft & Co diskutieren ihre Lieblingsweine. Küchenchefin Katja Mäge zaubert das passende Fingerfood. Na dann! Navi auf „Loiben“.

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Wachauer Stube, Unterloiben 24 | 3601 Dürnstein | Tel: 02732 / 8 59 50 | bestellen@wachauerstube.at

 

Der Stammtisch und die Spielwiese.

Ganz Niederösterreich ist vom Wirtshaussterben bedroht. Ganz Niederösterreich? Nein! Ein von einer unbeugsam engagierten Familie geführtes Wirtshaus in Senftenberg hört nicht auf Widerstand zu leisten. Kommt mit zum Schlapfnwirt. Da ist jetzt Musikantenstammtisch. So wie jeden zweiten Samstag im Monat. Dazu gibt’s ein paar gute Achteln und frisch gezapftes Bier. Los geht’s!

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Stopp. Rückspultaste. Der Schlapfnwirt ist eigentlich kein klassisches Wirtshaus. Vielleicht ist ja auch das ein Erfolgsgeheimnis. Offen hat er nämlich nur abends und am Sonntag zum Frühschoppen. Essen gibt’s ganz reduziert, heute saure Sulz. Richtig gekocht wird zu besonderen Anlässen. Die Gans im November. Das Schwein beim Sautanz jeden letzten Donnerstag im Monat. Daneben und dazwischen viele Veranstaltungen, an denen nicht nur ausgelassen gekocht, sondern auch vorzüglich gefeiert wird. Next big thing: Wintersonnenwende am So, 20. Dezember.

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Steht es euch mit ihnen gut: Oliver und Günther schenken heute ein.

Das Wirtshaus ist eng mit der Familie Braun verbunden. Vielleicht Erfolgsgeheimnis Nummer Zwei. Jedes Familienmitglied trägt einen Teil bei. Der Vater macht den Hauswein und sitzt am Akkordeon – Entschuldigung – der Quetschn. Die Mutter steht in der Küche und macht … ja was eigentlich?  „Schickimicki kann ich nicht. Ich koch‘ Hausmannskost“. Sohn Günther korrigiert: „Mama, das ist keine Hausmannskost. Das ist verfeinerte Wirtshausküche“. Gut, nehm’ma das! Egal, wie man’s definiert, es schmeckt wunderbar.

Was einen guten Wirt ausmacht, frage ich Günther, einen von fünf Brüdern. Alle haben andere Brotberufe, aber für die meisten ist das Wirtshaus eine Spielwiese, auf der sie was ausprobieren, miteinander schöne Feste auf die Beine stellen können. „Ein guter Wirt lässt den Gast nicht ang’lehnt, geht ihm aber trotzdem nicht auf die Nerven. Wirt sein heißt zuhören – was ich schon für G’schichten gehört habe. Aber es gilt: Die Verschwiegenheitspflicht des Wirtes geht über die des Pfarrers oder des Arztes.

Wirtshaus. Seismograph. Vielleicht kriegt man an so einem Abend am Stammtisch mehr über allgemeine Gemütszustände mit als in der Zeitung oder durch quantitative Umfragen. Da lernt man einerseits, dass viel von Eigeninitiative abhängig ist, wenn man was auf die Beine stellen will. Da geht’s aber auch um Themen, die nachdenklich machen. „Das klassische Politisieren im Wirtshaus gibt es nicht mehr. Das hat sich radikalisiert, ist in eine depressive Grundstimmung gekippt. Und irgendwie hat die Alltagsraunzerei, die uns Österreichern ja als Charaktereigenschaft zugeschrieben wird, nichts mehr Charmantes …“, sagt der Wirt.

Mmh. Trotzdem: Die Institution Wirtshaus ist was Gutes. Was, wenn’s das nicht geben würde? Wenn’s richtig funktioniert, schafft es das Wirtshaus nämlich, dass Alt und Jung an einem Tisch sitzen. Dass die Leute miteinander reden. Und das ist zumindest eine Basis. Und das geht beim Schlapfnwirt besonders gut.

One more thing. Das Über-Drüber-Ding kommt nämlich jetzt. Ich habe versucht, Frau Braun das Rezept ihrer legendären „Gummler“, der Erdäpfelknödel, abzuluchsen. Vergesst Gramm und Deka. Ihr kocht so ein Reindl Erdäpfel wie auf dem Foto da unten. Presst sie heiß – wirklich  heiß! – und vermischt sie mit einem Packerl Erdäpfelmehl, einer Handvoll griffigem Mehl und ein bissl Salz. Knödel Formen, in Mehl wälzen, ab zum Schwimmkurs. 20 Minuten. Mahlzeit!

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Schlapfnwirt, Unterer Markt 44, 3541 Senftenberg.
Öffnungszeiten: Di-Sa ab 18 Uhr, So 10-12 Uhr.
Aktuelle Veranstaltungen auf der facebook-Seite.

 

 

 

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